Krafttankstelle
Wir waren jetzt zwei Wochen in Österreich auf einem Bio-Bauernhof. Es war eine wirklich wunderbare Zeit, die mich tief berührt hat. In diesem Bericht nehme ich dich auf »unseren« Hof mit und auf die ganz persönliche Reise, die ich dort gemacht habe.
Die Wahl der Qual – Folge der Intuition
Dieses Jahr wussten wir bis eine Woche vorher nicht, wohin es uns verschlägt. Wir haben uns spontan entschlossen, auf einen Bauernhof zu fahren. Unsere Kinder sind ja (im Urlaub hatte unsere Große Geburtstag) 14 und 12 Jahre. Vielleicht unsere letzte Möglichkeit, auf einem Bauernhof genügend Beschäftigung für unsere tierliebe Familie zu finden. Mein Mann und ich haben uns überlegt, dass wir so auch einige Zeit für uns haben (wir zusammen und auch jeder für sich).
Wir hatten mehr als einen Bauernhof gefunden, der noch freie Ferienwohnungen hatte. Zuerst wollten wir zwei besuchen, haben uns dann aber doch dagegen entschieden – das war die beste Entscheidung. Der eine war ein Bio-Bauernhof, mit laufendem Milchbetrieb und der zweite war ein Fleischhof, der seine Kühe wegen des Fleisches hält.
Wir haben uns letztlich für den Bio-Bauernhof entschieden. Was für ein Glück. Er war ganz nah an der deutschen Grenze. So nah, dass wir von unserem Balkon auf Deutschland geschaut haben. Also wirklich richtig, richtig nah. Die Familie, die uns dort willkommen hieß, ist wirklich toll. Sie verbinden Tierwohl und auch Tierliebe mit dem Job als Milchbauern. Ich denke, dass es eine große Herausforderung ist, diese beiden Dinge überein zu bekommen. Denn in einer Welt, die viel von Erfolg und finanzielle Ziele getrieben ist, einen Schritt zurück zu machen, um Mutterkühe bei ihren Kälbchen zu belassen, hat meiner Meinung nach Achtung verdient.
Außerdem waren wir ziemlich überrascht, dass jede Kuh auf ihren Namen hört und wenn sie aufgerufen wird, eigenständig zum Melkstand gewackelt kommt.
Vor einigen Jahren waren wir bereits auf einem anderen Milchhof, der war allerdings an der Nordsee. Dort herrschte eine ganz andere Atmosphäre. Dort habe ich zum ersten Mal über meinen Milchkonsum so richtig nachgedacht und was das für Tiere bedeutet. Denn als ich zum ersten Mal die Rufe einer Mutterkuh gehört habe, die sofort nach der Geburt von ihrem Kalb getrennt wurde, hätte ich am liebsten geweint. Daraufhin habe ich mich eingelesen und mit Schrecken festgestellt, dass auch das Bio-Siegel nicht vor der Trennung schützt. Sogar die teuren Logos stehen nicht für so viel mehr Tierwohl ein.
Die Bäuerin in Österreich erklärte mir, dass es ihnen zuwider ist, die Kälber direkt von den Müttern zu trennen. Außerdem hat dieses Zusammensein auch noch weitere Vorteile. Die Rückbildung bei der Kuh funktioniert besser und auch das Immunsystem der Kälber wird durch das Kolostrum (diese dickliche Milch – manchmal schon fast Pudding-Struktur –, die Kühe die ersten Tage nach dem Kalben produzieren) gestärkt.
Dennoch müssen sie natürlich auch den Spagat zwischen betriebswirtschaftlichen Entscheidungen und Tierliebe fällen.
Wenn ich überlege, wie viel Fleisch ich noch vor Jahren gegessen habe, wird mir regelrecht schlecht. Ich möchte hier keine Predigt halten, da jeder seine eigenen Entscheidungen fällen darf. Wir als Familie haben uns dazu entschlossen, weniger Fleisch zu essen. Einerseits wegen der Tiere, aber auch wegen unserer Erde.
Peter Wohlleben hat es in einem seiner Bücher geschrieben und uns darauf aufmerksam gemacht, wie viel Ackerfläche wir benötigen, um die Tiere zu ernähren. Natürlich war uns das schon vorher bewusst, doch wenn man das unter dem Aspekt des Klimawandels, der Abforstung der Wälder sieht, verändert sich auch die Perspektive.
Wir konsumieren nur noch Bio-Fleisch, achten beim Kauf von Käse und Milchprodukten ebenfalls auf das Bio-Siegel. Der Urlaub hat uns dahingegen noch einmal bestärkt. Aber über die Ernährung schreibe ich demnächst noch einmal einen anderen Blogbeitrag.
Tierliebe und Naturverbundenheit
Ich kann mit Freude berichten, dass ich mit Kühen gekuschelt, Schweine gekrault und mit Kätzchen geschmust habe. Tiere geben einen wahnsinnig viel zurück, wenn man ihnen ein wenig Liebe schenkt.
Wenn man darauf achtet, fühlt man es. Die Zuneigung im Herzen, die einen beflügelt und wachsen lässt.
Wir waren auch in einem Tierpark, in dem man die Tiere füttern durfte. Dort habe ich zum ersten Mal ein Zebra gefüttert. Die Tiere haben uns total zum Lachen gebracht, da sie ihre Köpfe in den Nacken gelegt und ihre Münder aufgerissen haben, damit wir das Futter dort reinfallen lassen konnten. So smart.
In dem Tierpark habe ich zum ersten Mal ein Schönhörnchen und auch Vierhornschafe gesehen. Letzteres haben die Kinder immer »Dämonen-Schafe« genannt. Ich muss zugeben, dass sie durch die Hörner und die geschlitzten Augen auch sehr danach aussahen. Obwohl wir Menschen ja das Aussehen von Dämonen geprägt haben. Werden sie nicht oft als Ziegen dargestellt? (Bei meiner kurzen Recherche für diesen Beitrag konnte ich das allerdings nicht bestätigen.)
Allerdings haben wir dort auch einen Graupapagei gesehen, der uns zum Weinen gebracht hat. Er sah sehr unglücklich aus und wir hätten ihm am liebsten mitgenommen. Doch hätte er es wirklich besser bei uns oder wäre die Freiheit das einzig Richtige? Hält man Papageien nicht sowieso besser mit Artgenossen zusammen?
In Österreich waren wir viel wandern, haben uns bei Tieren und somit im Kreislauf der Natur aufgehalten. Das hat mir viel Kraft geschenkt und ich habe gefühlt, dass ich viel stärker aus dem Urlaub zurückgekommen bin. Glaubst du, dass der Aufenthalt in der Natur einem Kraft schenkt? Oder liegt es am Urlaub selbst?
Die Erkenntnisse in der Ruhe
Vielleicht kommt die Kraft aber auch von der mentalen Arbeit, die ich vor Ort geleistet habe. Denn sobald ich Zeit für mich hatte, habe ich mir Zeit genommen, um mich mit meinen Glaubenssätzen auseinanderzusetzen.
Ich habe viel meditiert, jede Menge in mein neues Journal geschrieben und mir Zeit für meine Gedanken genommen.
Mitten im Urlaub bin ich aufgewacht und hatte einen Glaubenssatz im Kopf. Ein Glaubenssatz, den ich schon längst als abgehakt angesehen hatte. Doch scheinbar war bislang einfach nicht der passende Moment, um mich diesem Erlebnis und der damit verbundenen Heilung zu widmen.
Das habe ich getan, habe alles dazu aufgeschrieben. Das Erlebnis an sich, die Worte, die mich geprägt haben und auch wie mich der daraus resultierende Gedanke bis heute führt und begleitet.
Darauf habe ich mich gefragt, wie ich ihn lösen kann. Ich habe mir Podcast-Folgen angehört, habe nachgelesen und nachgedacht. Wie löst man einen Glaubenssatz? Irgendwann kam mir die Idee, eine Bekannte anzuschreiben. In unserem letzten Gespräch haben wir über unsere persönlichen Reisen mit der Persönlichkeitsentwicklung gesprochen. Ich fragte sie, ob sie eine Idee hätte. Sie empfahl mir ein Buch, das ich mir aus dem Urlaub bestellte und direkt am Tag unserer Rückkehr angefangen habe zu lesen. Es ist das Werk »Liebe was ist. Wie vier Fragen Ihr Leben verändern können« von Byron Katie. Kennst du es? Was hältst du von dem Buch? Was ich davon halte, kann ich erst später sagen, weil ich es ja noch lese …
Nach dem Urlaub, es könnte auf der achtstündigen Heimreise gewesen sein, habe ich plötzlich begriffen, dass ich endlich eine Antwort auf die Frage einer Freundin hatte. Wir hatten vor Monaten ein Gespräch, in dem sie mich fragte, was meine Krafttankstelle wäre. Damals hatte ich sie erst einmal verwirrt angeschaut. Sie erklärte mir, dass sie auf einem Vortrag war, bei dem es um die Erreichung von Zielen von Spitzensportlern ging. Der Redner erklärte, dass Spitzensportler alles geben, um ihre Ziele zu erreichen. Sie trainieren härter als die meisten anderen Menschen und sie wiederholen das immer wieder, bis sie ihr Ziel erreicht haben, weil Aufgeben keine Option ist. Doch jeder dieser Athleten kennt seine Krafttankstelle. Der Ort, die Menschen oder die Handlungen, die ihm Kraft und neue Energie schenken, um seine Kraftreserven wieder aufzutanken und somit mit neuer Motivation ins Training zu stärken.
Vor Monaten wusste ich keine Antwort. Jetzt kenne ich sie. Für mich sind Natur, Bewegung und Tiere diese. Denn die Wanderungen durch den Wald, das Schmusen mit den Tieren und auch die Stille, haben mich so sehr gestärkt, dass ich nun hoffe, diese gezielter im Alltag für mich »anfahren« zu können, wenn ich merke, dass meine Energie nachlässt.
Was ist deine Krafttankstelle? Kennst du die Antwort auf Anhieb oder begibst du dich nun auch auf die Suche, wo wie ich es getan habe, nachdem mich die Frage nicht mehr losgelassen hat?
Manchmal halte ich mich auch für eine Hexe. Für eine, die tief mit der Natur verbunden ist. Ein wenig wie der Faun, der die Letzte Insel bewacht hat (obwohl er ja nie einen echten Auftritt erhielt).
Hier geht es zu weiteren Hexen :-)